Gelebte Völkerverständigung - Jumelage mit dem LC Oostende - Lions Club Paderborn
Jumelage Lions Club Oostende

Jumelage leben
Jumelage Lions Club Oostende - Gelebte Volkerverständigung
Gelebte Partnerschaft mit dem Lions Club Oostende
Seit 1961 pflegen die Mitglieder des Lions Clubs Paderborn eine Jumelage mit dem Lions Club Oostende in Belgien. Daraus sind Freundschaften über Generationen entstanden. Wie ist die Freundschaft zwischen diesen beiden Lions Clubs entstanden?
Jumelage Lions Club Oostende - Interview
Ein Interview mit Zeitzeugen
„Am Ortseingang von Oostende wartete eine Polizeieskorte auf uns; wie Staatsgäste wurden wir empfangen und durch Oostende geleitet“. So schildern Zeitzeugen den Beginn der Jumelage.
Beziehungen brauchen zur Festigung Bilder, Symbole und Gesten. Hieran wird Erinnerung geknüpft, hieraus wird Kraft geschöpft. Das erste Treffen in Paderborn wurde spannungsvoll erwartet. Würde es gut gehen? Mit wildfremden Menschen einfach so eine Jumelage? Nur das Lionssymbol verband.
Es ging gut, erstaunlich gut, wenn man den Bericht der Zeitzeugen liest. Dann der erste Besuch, der Gegenbesuch in Ostende. Mit Bildern und Gesten eng verbunden und dadurch unvergesslich. Ein schwerer Anfang, so schien es, so war es aber tatsächlich nicht.
Die Zeit war reif für Twin-Sistercity- und Jumelageprogramme in den 1950er- und 1960er-Jahren. Völkerverständigung in Europa war nicht nur politisches Programm, das verbunden wird mit den Namen Paul Henri Spaak (Belgien) Maurice Schumann (Frankreich), Alcide de Gasperi (Italien) und Konrad Adenauer. Die Welt nach 1945 war aus dem Lot.
Ein Neubeginn musste nach den grauenvollen Erlebnissen der Vergangenheit mit ihren Ergebnissen der Zerstörung, der Zerrissenheit und des Hasses unter den Nationen versucht werden. Im Grunde bedeutete dies, die Umsetzung der politischen Willensentscheidungen in der Basis. Die Menschen mussten ins Gespräch kommen, sich verstehen lernen.
Die Lions Clubs mit ihrer selbstgewählten Ausrichtung waren dafür wie geschaffen. Diese Idee als Basis reichte zunächst zum unbefangenen Kontakt und zum Kennenlernen. Daraus sind Freundschaften über Generationen entstanden, die es zu erhalten und zu pflegen gilt.
Urteilen Sie selbst, ob dies gelungen ist ...
Fünf Fragen an drei Zeitzeugen
(Dr. Wilhelm Uhle, Helmut Vogt und Dr. Volker Werb im Gespräch mit Uwe Jürgens)
Interview mit Zeitzeugen
Der Zeitgeist war entscheidend. Völkerverständigung, das entsprach zutiefst den Bedürfnissen der Menschen jener Zeit. Die Folgen der grauenvollen Vergangenheit galt es zu überwinden, die Spaltung und Zerrissenheit Europas und der Welt, die Feindschaft zwischen den Völkern.
Gerade einer internationalen Service-Organisation wie LIONS-International kam dabei eine Vermittler- und Maklerrolle zu. Aus Zürich kam das Signal Richtung Belgien, d.h. verschiedene Vorschläge zu einer Jumelage mit einem belgischen Lions Club. Kontakte unseres damaligen Präsidenten Dr. Schirmer führten nach Oostende; er war – so gesehen – die entscheidende Person. Er verabredete damals einen „Ehevertrag“ zwischen den Clubs in Oostende und Paderborn.
Das ist zutreffend. Anstoß hierzu gab die Stadt Paderborn und insbesondere unser LF Leidinger (damals 2. Stadtdirektor).
Im Rahmen der Wiederbelebung der Jumelage der Bistümer Le Mans und Paderborn und der Begründung einer Städtefreundschaft zwischen den beiden Kommunen lag es nahe, eine Jumelage auch der örtlichen LC`s zu versuchen.
Das begann am 4. Juni 1967 mit dem Besuch einer Paderborner Lions -Delegation in Le Mans und ließ sich zunächst auch recht gut an. Zusammen mit unseren Freunden aus Oostende und Le Mans feierten wir sogar - von uns so benannte -Triple-Jumelagen in Aßmannshausen und Traben-Trabach.
Der Vorschlag zur Triple-Jumelage kam vom Paderborner Lions Club, einerseits, um nicht zweimal im Jahr eine Jumelage zu haben, also den zeitlichen Aufwand wieder auf das alte Maß zu verringern, aber andererseits auch, um den finanziellen Aufwand einzugrenzen. Unser Vorschlag fand bei unseren Freunden aus Oostende indes keinen Zuspruch.
In der Folgezeit waren dann aber auch die Paderborner Lionsfreunde nicht mehr gewillt, den mit der 2. Jumelage verbundenen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand auf sich zunehmen.
Unsere Jumelage mit dem LC Le Mans wurde deshalb schließlich 1975 einvernehmlich beendet. Beiden Clubs war einsichtig geworden, dass die große Entfernung zwischen den beiden Städten und das doch deutlich gewordene Sprachproblem einer gedeihlichen Jumelage entgegenstünden.
Der erste Besuch zur Jumelage - gleichsam die „Verlobung „ - fand im Herbst 1961 in Paderborn statt. Die Freunde aus Oostende kamen mit einem Reisebus für einen Besuch am Wochenende (Samstag, Sonntag). Wir waren alle gespannt, was auf uns zukam. Wir mussten uns kennenlernen, wildfremde Menschen, verbunden nur (?) durch das Lionsband.
Die steife Stimmung wurde schnell locker und herzlich. Private Abende gab es noch nicht, aber zum Beispiel einen spontanen Hausbesuch von zwei Nachzüglern aus Oostende, denen bei Uhles ein Linseneintopf aufgetischt wurde, wobei das Hauptproblem in der Übersetzung des Wortes „Linsensuppe“ bestand.
Zunächst kam es darauf an, sich kennenzulernen, Vertrauen zu bilden und Freundschaften zu begründen. Dann mussten Strukturen geschaffen werden: wie oft und wo treffen wir uns in welchem Rahmen? Das gelang alles problemlos und sehr einvernehmlich. Bis heute - also fast fünfzig Jahre - leben wir diese Jumelage unverändert mit dem Freitag in der Familie, dem offiziellen Samstag und dem lockeren Ausklang und Abschied am Sonntag. Manches ist im Laufe der Jahrzehnte äußerlich verändert worden (z.B. der Abendrobe folgte der Straßenanzug; auch das ein Zugeständnis an den Zeitgeist).
Nach der „Verlobung“ in Paderborn folgte die „Hochzeit“ in Oostende am22./23. September 1962.
Wir fuhren mit privaten PKWs. Zur logistischen Vorbereitung gehörte die Bereithaltung eines Reisepasses, ohne den wir die Grenzen nicht passieren konnten. Und dann die Valuta: Wir mussten in Paderborn DM in belgische Francs umtauschen. Es gab noch keine EC- Schecks, auch die EC-Karte, mit der man europaweit bei Banken Geld abheben konnte, gab es damals noch nicht. LF Anton Werner versorgte uns sachkundig mit den nötigen Devisen.
Am Ortseingang von Oostende wurden wir von einer Polizeieskorte und unseren Lionsfreunden abgeholt.
Im Korso wurden wir - wie Staatsgäste- durch Oostende zum Rathaus geleitet, wo der Empfang durch den Bürgermeister stattfand. Unvergleichliche Eindrücke sind mit dem ersten Treffen in Oostende verbunden.
Die Jumelage hatte jetzt eine formelle Basis, sie hatte aber auch Gesichter in Oostende und in Paderborn. Hierauf konnten wir aufbauen. Eine Erfolgsgeschichte hatte ihren Anfang genommen.
Wir besuchten gemeinsam die jeweiligen Regionen (Flandern und OWL), aber auch bedeutsame Zentren (z.B. Brügge, Gent und Brüssel, Berlin, Erfurt, Weimar und Hamburg).
Wir lernten unsere Clubmitglieder aber auch unsere Freunde aus Oostende so besser kennen.
Wir sind von Anbeginn ohne Scheu miteinander umgegangen. Das hört sich heute so selbstverständlich an. War es damals aber keineswegs. Wie sollten wir unbefangen mit der grauenvollen Vergangenheit, die zunächst unausgesprochen über uns schwebte, im Kontakt mit unseren belgischen Lionsfreunden umgehen?
Hier zeigte sich sehr bald, wie fest das freundschaftliche Band schon war. Unsere belgischen Freunde machten es uns leicht. Vorbehaltlos und frei sprachen wir über alles und hatten hierbei das Ziel vor Augen: was wir dazu beitragen können, dass sich Freundschaften über Grenzen entwickeln, werden wir tun. So ist es dann über fast 50 Jahre auch geschehen. Gespräche sind die Basis für Verständigung.
Ratschläge geben? Das steht uns nicht zu. Keiner weiß, was kommt und jede Zeit hat ihre spezifischen Problem- und Bewusstseinslagen.
Gewiss hat u.a. auch unsere Jumelage - im Kleinen - ihren Beitrag zur Völkerverständigung geleistet. Daran ist stets mit Dankbarkeit zu erinnern.
Zunächst waren wir aktiven Lionsfreunde mit unseren Ehefrauen die Träger der Jumelage, später konnten viele unserer Kinder davon profitieren. Sie besuchten sich in Ostende und Paderborn.
Auch sie haben die Jumelage mit gelebt.
Die Jumelage wird - bei allen Wellenbewegungen, die durch personellen Wechsel in den beiden Clubs fast zwangsläufig entstehen - jedenfalls dann Bestand haben, wenn der bedeutsame Wert gemeinsamer Reisen für unseren Club und die Wichtigkeit gemeinsamen Erfahrungsaustausches mit unseren Oostender Freunden hochgehalten und auch zukünftig gelebt wird.
Jede Freundschaft braucht Gesichter¸ also müssen wir unsere Gesichter in der Jumelage auch zeigen! Teilnahme ist gelebte Jumelage.